Die Tuchfabrik ‘Nickel & Müller GmbH Aachen‘ wurde im Jahre 1868 durch Hugo Nickel und C. H. Müller in der Mariabrunnstraße gegründet. Sie leiteten den Betrieb bis zu ihrem Ausscheiden 1890. Ab diesem Jahr stand der Betrieb unter der Leitung des ehemaligen Direktors der Tuchfabrik ‘Süßkind und Sternau‘, Hermann Simons. (Das Foto oben zeigt eine Ansicht der Fabrik Nickel & Müller im Jahr 1951.)

In jener Zeit waren rund 60 Webstühle im Einsatz. Zudem war der Weberei ein Appreturbetrieb (für die Veredelung und Oberflächenbehandlung der Rohgewebe) angeschlossen. Zur Wasserversorgung der Appretur wurde dem Paubach Wasser entnommen.

Belegschaftsfoto, Datum unbekannt.

Der erste Weltkrieg führte im Jahre 1916 zur Schließung des Betriebs – ein Schicksal, das dieses Unternehmen mit den meisten Aachener Tuchfabriken teilte. Erst 1922 gelang es, die Produktion wieder aufzunehmen. In den 20er- und 30er-Jahren entwickelte sich das Unternehmen erfreulich.

1942 musste die Firma aufgrund des Krieges zum zweiten Mal geschlossen werden. Leider gehörte man nicht zu den Unternehmen, die Uniformtuchaufträge bekamen. Außerdem gab es für die Fertigung ziviler Ware nicht genügend Garne. Da die Firma im Zuge dieser Entwicklung Kapital frei bekam und noch vor den Bombenangriffen ca. 20000m fertige Ware nach Monschau auslagern konnte, hatte man nach dem Krieg gute Ausgangsvoraussetzungen für den Wiederaufbau.

Wie bei vielen anderen Tuchfabriken in Aachen mussten dazu zunächst die Kriegsschäden beseitigt werden. Erst 1947 wurde die Produktion mit nur fünf Webstühlen aufgenommen; die Appretur lief erst Ende 1948.

Die Zeit des Neuanfangs wurde von dem aus einer angesehenen Familie stammenden Geschäftsmann Fritz Heusch geprägt. Fritz Heusch, ein Sohn von Dr. phil. August Heusch, trat im Januar 1948 in die Firma ein. Seine Tante, Frau Dittmann-Heusch, verheiratet mit Karl Heusch, besaß zu diesem Zeitpunkt 50% der Anteile an der Firma (neben der Familie Simons, die die andere Hälfte besaß) und fragte ihn, ob er die Geschäftsführung mit übernehmen wollte, da er kaufmännisch sehr versiert war. Als zweiter Geschäftsführer agierte Friedrich Eduard Hartmann, der mehr für technische Fragen zuständig war.

Die Geschäftslage war in den 50er-Jahren recht gut, doch gab es gerade in Aachen viel Konkurrenz, was sich auf die Preise auswirkte. So entstand mehr und mehr die Notwendigkeit, den Betrieb zu modernisieren. Für den Kauf neuer Webstühle benötigte man aber viel Kapital, zumal es für die leistungsfähigen Sulzer-Webstühle eine Abnahmeverpflichtung von mindestens acht Maschinen gab. Da das Kapital nicht erhöht werden konnte, entschied sich die Geschäftsführung gegen den Kauf neuer Webstühle. Andere Schwierigkeiten ergaben sich daraus, dass es nicht möglich war, die Produktion auf ein Drei-Schicht-System umzustellen. Man musste nämlich auf die direkt angrenzende Nachbarschaft Rücksicht nehmen, der das Geratter der Webstühle nachts nicht zuzumuten war.

Der Geschäftsführung wurde mehr und mehr klar, dass ihre Firma unter diesen Rahmenbedingungen alleine nicht länger überleben konnte. Als Herr Kronenwerth von der Firma ‘Dechamps & Drouven‘ Ende der 60er-Jahre mit der Idee einer Fusion an die Firma herantrat, zeigte man sich interessiert. Herr Vahle, Bergwerksdirektor im Ruhestand, übernahm die Schirmherrschaft bei allen Verhandlungen. Zu diesem Zeitpunkt waren ca. 120 Mitarbeiter bei ‘Nickel & Müller‘ tätig, darunter alleine in der Stopferei ca.50 Frauen.

1969 erfolgte die Fusion mit den Tuchfabriken ‘G., H. & I. Croon‘ und ‘Dechamps & Drouven‘. Der Firmensitz wurde nach Aachen-Brand verlegt, wobei zunächst Teile der Weberei mit umzogen. Die Abteilung Tuchausrüstung blieb solange in der Mariabrunnstraße, bis eine neue moderne Ausrüstung – ’Dutch Finish’, eine Tochter der ’Dechamps Textil AG’ – in Kerkrade (NL) eröffnet wurde.

Quellen:
– Will Hermanns: Heimatchronik der Kur- und Kronstadt Aachen.- Köln 1953. S. 212f
– Gespräch mit Herrn Fritz Heusch am 21.03.2001

Bildquellen:
– Photoalbum der Firma ‘Nickel und Müller GmbH’ aus den 50er-Jahren, Sammlung Tuchwerk Aachen 
– Belegschaftsbilder: Nachlass ‘Dechamps Textil AG’, Sammlung Tuchwerk Aachen


Das Album beschreibt die Herstellung des Tuches vom Garn bis zur Fertigware in 56 Bildern, die aus den Jahren zwischen 1951 und 1974 stammen.

Das Copyright aller Bilder liegt beim Tuchwerk Aachen e.V.


Jochen Buhren