aus: Echo der Gegenwart 6.6.1925

Die Aachener Industrie

Die geschichtliche Entwicklung der auf der Industrie- und Gewerbeschau in Aachen vertretenen Industrien

Von Dr. Wilhelm Goerres, Syndikus der Industrie- und Handelskammer Aachen

Die Aachener Gewerke haben im Laufe der Jahrhunderte so mannigfache Wandlungen wirtschaftlicher und technischer Art durchgemacht, dass es nur in großen Zügen möglich ist, ihre geschichtliche Entwicklung und, soweit sichtbare Erinnerungen aus der Vergangenheit uns erhalten geblieben sind, durch Auseinandersetzung solcher Denkwürdigkeiten auf der Industrie- und Gewerbeschau zur Darstellung zu bringen. Von den verschiedenen Industrien sind auf der Industrie- und Gewerbeschau vertreten: die Textilindustrie mit den Hilfsindustrien Kratzen-, Tuchscheermesser- und Textilmaschinenindustrie, die Nadelindustrie, Waggon- und Elektroindustrie , der Bergbau, die Tabak- und Buntfarbenindustrie sowie die Glas- und Spiegelmanufaktur.

Als das älteste Aachener Gewerbe ist das Tuchmachergewerbe zu bezeichnen. Sehr wahrscheinlich ist dieses Gewerbe bei dem lebhaften Durchgangshandel von Italien-Süddeutschland und dem Osten nach den westlichen Ländern, von Flandern, wo das Tuchmachergewerbe schon frühzeitig eine große Bedeutung erlangt hatte, nach Aachen verpflanzt worden. Im 12. Jahrhundert findet man bereits ein blühendes Tuchmachergewerbe vor, zu dessen Aufschwung außer der günstigen Verkehrslage Aachens zu den Wollerzeugungsgebieten im nordischen Flachland und Holland insbesondere die Wasserverhältnisse der Aachener Bäche, die bei der Bearbeitung der Wolle und Gewebe, wie auch späterhin als Triebkraft Verwendung gefunden haben, beigetragen haben werden.

Im 14. Jahrhundert hatte das Aachener Tuchmachergewerbe bereits eine solche Entwicklung genommen, dass es eigene Kontore in Antwerpen und Venedig unterhielt. Insbesondere haben die weitgreifenden Privilegien und marktrecht, die der Stadt Aachen durch verschiedene deutsche Könige verliehen wurden, diese Entwicklung ausschlaggebend beeinflusst, zumal der hierdurch genährte zollfreie Verkehr auf den wichtigsten Land- und Wasserstraßen den Versand und Absatz der Tuche auf fast allen größeren Märkten ermöglichte. Vor allem hat jedoch die gute Beschaffenheit der Aachener Tuche, der in der Zunft bereits größter Wert beigelegt wurde, den Ruf der Aachener Ware bis in die entferntesten Länder getragen.

Die Zunftverfassung sah als Grund den technischen Betrieb (1 Meister mit 4 Gesellen) vor. Daneben hat sich jedoch allmählich das Verlegertum ausgebildet, indem Gewerbetreibende außerhalb ihrer eigenen Marktstätte noch eine größere Anzahl von Meistern mit ihren Gesellen beschäftigten. Solche Meister arbeiteten mit ihren Gesellen in ihren eigenen Werkstätten, jedoch nicht mehr für eigene Rechnung, sondern im Stücklohn für ihre Verleger, die nach und nach dazu übergingen, die Wolle selbst einzukaufen und den Vertrieb der Tuchware auf der Grund der einheitlicheren Fabrikation in großzügiger Weise einzurichten Obwohl die Zunft ihre Befugnisse den Regeln nach auch weiterhin streng ausübte, konnte sie jedoch dieser wirtschaftlichen Entwicklung keinen Einhalt tun. Auch hat das Aachener Wollambacht sich vielfach veranlasst gesehen, von den strengen Zunftregeln abzugehen, nachdem infolge der Durchführung des Ratsediktes vom 5. Oktober 1800 zahlreiche Tuchhandwerker und Tuchkaufleute, die den reformatorischen Strömungen zugetan waren, von Aachen in die nähere Umgebung , wie Burtscheid, Vaals, Eupen, Monschaum, Düpren abwanderten und von dort aus dem Aachener Tuchmachergewerbe erheblichen Wettbewerb machten. Die Maßnahmen des Wollenambachts sind vielfach durch diese neuen Verhältnisse entscheidend beeinflußt worden.

Infolgedessen war mit dem Eintritt der Gewerbefreiheit im Jahre 1798 schon im wesentlichen die Vorbedingungen für eine industrielle Entwicklung vorhanden. Es bedurfte nur noch dieses äußeren Anstoßes. Es hat sich in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts die Umgestaltung des Tuchmachergewerbes zur Tuchindustrie und gleichzeitig mit der Verarbeitung der spanischen Merinowollen und späterhin der schlesischen Wollen ein großer Aufschwung vollzogen. Trotz der allmählich einsetzenden Verarbeitung der in immer größeren Mengen und verschiedensten Qualitäten auf den Markt gelangenden überseeischen Wollen hat in der Aachener Textilindustrie , vor allem dank der rechtzeitigen Einführung der technischen Errungenschaften(Spinnmaschinen, mechanische Webstühle, Schnellstühle, Doppelstühle, Appreturmaschinen, Färben mit Anilin- und Alizarinfarben) die Entwicklung in der Herstellung von Qualitätswaren angehalten, wenn ihr auch durch das Erstarken der Textilindustrie im Ausland und der damit Hand in Hand gehenden Schutzpolitik bedeutende ausländische Absatzmärkte verloren gegangen sind. Der Auslandsabsatz, der bis dahin größte Bedeutung hatte, ging erheblich zurück, während der Inlandsabsatz immer mehr in den Vordergrund trat.

Bis zu den siebziger Jahren des verflossenen Jahrhunderts erfolgte in der Aachener Textilindustrie ausschließlich die Verarbeitung von Streichgarnen zu dicht gefilzten Herrenstoffen (Rock-Hosenstoffen), welche unter der Bezeichnung rheinische Tuche im In- und Ausland ihren Absatz fanden. Diese tuchartigen Erzeugnisse wurden jedoch mit dem Aufkommen der glatten, festgedrehten Kammgarngespinsten und der hieraus hergestellten gemusterten Stoffe, die zuerst nur als Damenstoffe von der sächsischen und bergischen Textilindustrie hergestellt wurden, allmählich zurückgedrängt. Die gemusterten Kammgarnstoffe kamen wegen ihres feineren, glatteren Gewebes auch für Herrenstoffe immer mehr in Mode, obwohl der Preis sich hierfür durchschnittlich höher als für Streichgarnware stellte. In Aachen sind die ersten Kammgarne im Jahre 1870 aus dem Elsaß eingeführt und verwebt worden. Seit dieser ist die Verwendung von Kammgarne in den Aachener Tuchfabriken in immer mehr zunehmenden Maße erfolgt, und gerade die rechtzeitige Umstellung der Aachener Tuchfabriken auf die Fabrikation von Kammgarnware hat ihre Entwicklung zu der heutige Höhe gefördert. Während früher die Aachener Webereien ihre Kammgarne aus Frankreich und insbesondere die rohweißen Garne aus England bezogen, sind mit der Entwicklung der deutschen Kammgarnspinnereien diese die Hauptlieferanten der Aachener Tuchfabriken geworden. Welche Bedeutung die Verarbeitung von Kammgarn in der Aachener Textilindustrie gewonnen hat, geht daraus hervor, dass heute zwei Drittel Kammgarn gegenüber ein Drittel Streichgarn verwebt werden.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts erreicht die Aachener Textilindustrie hinsichtlich der Zahl der beschäftigten Arbeiter ihren Höhepunkt. Eine grundlegende Wendung brachte der Weltkrieg. Infolge des Mangels an Rohstoffen und der Kriegsmaßnahmen wurden die meisten Betriebe geschlossen. Nur 17 Tuchfabriken konnten ihren Betrieb weiterführen. Nach Beendigung des Krieges nahm der Wiederaufbau der Textilindustrie ihren Anfang, der sich jedoch nicht ohne große Schwierigkeiten und Hemmungen abwickelte, da die Grundlagen der Betriebsführung sich stark verschoben haben. Zudem erfordern die erheblich gestiegenen Preise für Wolle sowie die erhöhten Arbeitslöhne ein Vielfaches des früheren Betriebskapitals, obwohl die Zahl der in der Textilindustrie beschäftigten Arbeiter (11000) noch um ein Drittel gegenüber dem Friedensstand zurückbleibt. Bei einer Zahl von 140000 Spindeln und 6000 Webstühlen ist die Aachener Tuchindustrie in der Lage, jährlich 20 Millionen Meter Tuch herzustellen.

Als bedeutendste selbständige Hilfsindustrie der Textilindustrie hat sich mit dem Hauptsitz in Aachen seit dem Beginn  des vergangenen Jahrhunderts die Kratzenindustrie entwickelt. Die Erzeugnisse der Kratzenindustrie, die Kratzenbeschläge, werden in der Spinnerei zum Krempeln der Wolle verwandt, um die Textilfasern zu entwirren, zu streichen und zu richten.
Bis zum 19. Jahrhundert wurden die Beschläge noch handwerksmäßig hergestellt. Mit der Entwicklung der Spinnereien, vor allem der Krempelmaschinen machte sich das Bedürfnis zur maschinellen Herstellung von Kratzenbeschlägen, immer mehr geltend. In Aachen wurde die Kratzenindustrie im Ausgange des 18. Jahrhunderts von einem französischen Mechaniker M. Tubusc begründet. Die Verkommenheit der Kratzensetzmaschine ließ jedoch noch viel zu wünschen übrig. Erst dem Aachener Mechaniker J. Uhle gelang eine wesentliche konstruktive Verbesserung der Kratzensetzmaschine. Mit finanzieller Unterstützung des Kratzenfabrikanten W. Held (früher U. Dubusc) gründete Uhle im Jahre 1839 eine Werkstätte zur Herstellung vervollkommneter Kratzensetzmaschinen. Von dieser Zeit an begann der Aufschwung der deutschen Kratzenindustrie.

Als weitere selbständige Hilfsindustrie der Textil- und auch der Lederindustrie ist die Scheermesserindustrie zu erwähnen. Die älteste Tuchscheermesserfabrik Deutschlands ist die im Jahre 1850 gegründete Firma Severin Heusch, die sich durch Übernahme zweier anderer Betriebe im Laufe der Zeit zu einem leistungsfähigen Unternehmen entwickeln konnte.

Daß in den Aachener Textilbezirk die Industrie zur Herstellung von Spezial-Textilmaschinen sich erfolgreich entwickeln konnte, lag in den gegebenen Verhältnissen begründet. Im Jahre 1858 wurde die Firma L. Ph. Hemmer gegründet, die Walk- und Waschmaschinen für die Tuch- und Filzfabrikation als Spezialität herstellt. Die Maschinenfabrik H. Krantz wurde im Jahre 1882 gegründet und baut neben Anlagen für Wollwäschereien und Karbonisieranstalten, sowie Färberei- und Bleichereianlagen Appreturmaschinen für Woll- und Halbwollwaren sowie Pendel-Zentrifugen.

Der zweitbedeutendste Industriezweig im Aachener Bezirk ist die Nadelindustrie. Ihre Entstehungsgeschichte wird lückenlos kaum geklärt werden können. Selbst wenn man Nürnberg als die Wiege der deutschen Nadelindustrie bezeichnet, so ist kein Anhaltspunkt vorhanden, der auf eine Verpflanzung des Nadlergewerbes nach Aachen hinweist. Die Nachrichten über das Nadlergewerbe sind bis zum 16. Jahrhundert sehr dürftig. Erst das 17. Jahrhundert bringt eine Reihe von Mitteilungen über das Emporblühen der Nadelindustrie in Aachen. Zunächst ist es die Nähnadlerrolle vom 3. November 1615, die von spanischen Nadelmeistern berichtet. Die Ansicht, dass von Spanien das Nadlergewerbe nach Aachen verpflanzt worden sei, ist als abwegig zu bezeichnen. Unter dem Begriff „Spanische Nadeln“ waren stählerne Nähnadeln zu verstehen, wie die unermüdlichen Nachforschungen des Nadelfabrikanten A. Thissen, Aachen, ergeben haben. In Cordoba in Spanien bestand um diese Zeit ein blühendes Nadlergewerbe, welches zur Herstellung der Nadeln sich schon frühzeitig des Stahldrahtes bediente. Solche aus Stahldraht hergestellten Nadeln wurden spanische Nähnadeln oder Cordobesas genannt. Als die ersten Verfertiger dieser spanischen Nadeln dürften in Aachen die Drahtschmiede anzusprechen sein, die sich bereits zu beginn des 17. Jahrhunderts einen bedeutenden Ruf erworben hatten. Aus dem Drahtgewerbe erfolgt die Entwicklung des Nadlergeewerbes: 1548 die Rolle der Messingdrahtzieher, 1580 der Eisendrahtzieher, 1584 der Nadel- und Krempelmacher, 1590 der Nadelschmiede und 1615 der spanischen Nadelmacher. Aus der letztgenannten Rolle geht klar hervor, dass in Aachen früher als an irgend einem anderen deutschen Platz Stahldraht zur Herstellung von nadeln verwandt wurde.

Daß die Nadelindustrie sich in Aachen so günstig entwickeln konnte, lag an den günstigen örtlichen Produktionsfaktoren, besonders an dem Vorhandensein kleiner Wasserläufe. Die wichtigen Arbeitsprozesse des Scheuerns und Polierens , später auch des Schleifens , wurden mit Hilfe der Wasserkraft durch Mühlen ausgeführt. Im 18. Jahrhundert sind die Aachener Bäche dicht mit Mühlen besetzt gewesen. Neben der frühzeitigen Verwendung des Stahldrahtes und der gutgeschulten Arbeitskräfte war es vor allem das Streben der Zunft, durch Vorschriften über Qualitätsverfeinerung und Qualitätsschutz die Güte der Ware zu beeinflussen. So kam, dass die Qualität der streng gewirkten, d.h. mit Ortsmarken, später auch Produzentenmarken versehenen Nadlerwaren ihren Ruf weit über die grenze der Stadt und des Landes hinaustrugen. Auf diese Weise hatte die Zunft ohne es zu wollen, selbst die Notwendigkeit einer Fabrikation größeren Umfanges geschaffen. Mit der größeren Produktion stellte sich das Erfordernis eines Vermittlers heraus, der sich dem Vertriebe der Nadeln fast ausschließlich widmen konnte. Diese Zwischenglieder, Nähnadelkaufleute , bildeten sich bald zu Verlegern aus, indem sie nicht nur den Absatz der Nadeln besorgten, sondern auch die Nadelmeister mit dem erforderlichen Ausgangsmaterial, dem Draht, versorgten. Der Gegensatz zwischen Nadelmeistern und Verlegern wurde im laufe der zeit immer stärker. Um die Abhängigkeit von den Verlegern zu bemänteln, wurden die Verleger gezwungen, der Zunft beizutreten und ihr Meisterstück fertigzustellen. Durch die Eingliederung dieser sogenannten Schönmeister in die Zunft wurde die Teilung Rauh- und Blankwerke im Nadlergewerbe immer mehr gefördert, woran dann auch letzten Endes die Zunftkontrolle scheiterte.

Als das Dekret vom vom 26.März 1798 zum Fall der Zollschranken führte, besaß das Aachener Nadlergewerbe bereits derart fortgeschrittene Organisationsformen, dass es sich durch ihren Ausbau und die rechtzeitige Einführung von Nadelmaschinen (Schleifmaschinen, kombinierten Stampf- und Lochmaschinen, automatischen Streck- und Fräsmaschinen für die Maschinennadelfabrikation u.a.m.) zu der ersten Stelle hervorarbeiten konnte. In den zurzeit bestehenden 24 Nadelfabriken wurden hergestellt: Näh- und Hausarbeitsnadeln (als älteste Nadelarten), Nähmaschinennadeln (seit Erfindung der Nähmaschine) , Glaskopfnadeln (1831), Stahlstecknadeln, Sicherheits-, Häkel-, Haarnadeln und von je einer Firma als Spezialität chirurgische Nadeln und Angelhaken.

In Aachen entstand mit dem Bau der Eisenbahn im Jahre 1838 die erste deutsche Waggonfabrik unter der Firma Pouwels und Talbot, die später in die Firma G. Talbot & Cie umgewandelt wurde, und einen großen Aufschwung zu verzeichnen hatte. Die Entwicklung dieses Werkes gibt gleichzeitig ein Bild von der Entwicklung der deutschen Waggonindustrie. Hergestellt werden Personen- und Güterwagen aller Art für Voll- und Schmalspurbahnen, sowie Selbstentlader für Massengüter und neuerdings Karosserien für den Automobilbau.

Am 1. April 1886 wurden in Aachen die deutschen Elektrizitätswerke Garbe, Lahmeyer & Co begründet, deren Inhaber sich zuerst der Herstellung von Bogenlampen widmeten.Bald darauf ging man jedoch zur Herstellung von elektrischen Maschinen, und zwar der von dem Ingenieur W. Lahmeyer erfundenen Dynamomaschine, der als Lahmeyer-Type weltbekannt gewordenen Außenpolmaschine, über deren Durchbildung und Ausführung bahnbrechend für den Dynamomaschinenbau der damaligen Zeit war., und auf deren Prinzip  noch heute alle modernen Gleichstrommaschinen aufgebaut sind. Das werk, das heute über 32000 qm Arbeitsraum verfügt und vor dem Krieg 1300 Arbeiter und Angestellte beschäftigte, stellt dynamos, Elektromotoren und Transformatoren her.

Der Bergbau des Aachener Bezirks ist wohl als der älteste des Kontinents zu bezeichnen. Bereits im Jahre 1113 wurden die Kohlenflöze in Klosterrath im Wurmrevier abgebaut, wobei es sich jedoch nur um Grabungen über Tage, jedoch nicht um einen wirklichen Bergbau handelte. Die Entdeckung der Steinkohle und ihre erste Gewinnung ist vollständig in Dunkel gehüllt. Erst aus den Aachener Stadtrechnungen erfährt man, dass in Aachen schon im Jahre 1338 Kohlen zum heizen gebarucht wurden. Im Jahre 1358 war der Kohlenbergbau bereits in vollem Gange. Die stadt Aachen hat an der Entwicklung des Bergbaues selbst tätigen Anteil genommen, indem sie im Jahre 1684 die Grube Teut anlegte und auf eigene Rechnung ausbeutete. (Näheres bei Bernahrd Willms: Der Anteil der Reichsstadt Aachen an der Kohlengewinnung im Wurmrevier, 1925) Das französische Berggesetz vom Jahre 1791 räumte in den Jahren 1793-1801 im Wurmrevier mit den bestehenden Rechtsverhältnissen auf und erklärte, dass alle Bergwerke zur Verfügung der Nation stehen sollten. Nach dem Zusammenbruch der Franzosen-Herrschaft blühten jedoch einige Bergwerke, vor allem durch rechtzeitige Verwendung der Dampfkraft, rasch auf. Der Betrieb dieser Bergwerke durch die kleinen Unternehmer ging allmählich durch die erforderliche Investierung von großem Kapitalien in die Hände von Gesellschaften über. Im Inde-Revier waren es die FamilienWültgens-Englerth gewesen, die den Bergbau des eschweiler und Weisweiler Kohlenberges in ihren Besitz brachten und aus Erbgründen im Jahre 1834 den Eschweiler-Bergwerks-Verein AG gründeten. Im Jahre 1836 wurde die Vereinigungsgesellschaft für Steinkohlenbergbau zu dem Zwecke des Zusammenschlusses sämtlicher Magerkohlengruben des Wurmreviers gegründet. Beide Gesellschaften, die al die ältesten preußischen Bergwerks-Aktiengesellschaften zu bezeichnen sind, trachteten, obwohl sie weniger in Konkurrenzstellung zueinander standen, da im Inde-Revier Flamm- und Industriekohlen, im Wurmrevier Mager- und Hausbrandkohle gefördert wurden, ihren Besitz ständig zu vergrößern, bis am 1. Juli 1906 beide Gesellschaften zum Eschweiler Bergwerks-Verein verschmolzen wurden.

Die Aachener Tabakindustrie geht bis auf das Jahr 1749 zurück, in dem eine Rauch- und Schnupftabakfabrik von einem aus Lille stammenden Mitglied der Familie Foveaux in Aachen errichtet wurde. Größere Bedeutung gewinnt die Tabakindustrie jedoch erst im Jahre 1827 mit der Gründung einer Rauch-, Kau- und Schnupftabakfabrik der Firma Gebr. Philipps aus Holland.

Die Herstellung von Zigarren, die zunächst nur in wenigen Betrieben erfolgte, nahm seit dem Jahre 1840 infolge der Errichtung weiterer Betriebe einen größeren Umfang an. Diese Entwicklung dauerte mit einer kurzen Unterbrechung während der Jahre 1870/71 bis zum Jahre 1879 an. Das in diesem Jahre in Kraft getretene Steuergesetz führte zur Einstellung vieler Betriebe, während die bestehen gebliebenen Fabriken von der Herstellung billiger Massenware immer mehr zur Fabrikation besserer Preislagen übergingen.

Die Steuergesetzgebung des Jahres 1909 sowie die Kriegs- und Nachkriegszeit hat die Aachener Zigarrenindustrie schwer getroffen. Von den vor dem Kriege beschäftigten 2000 Arbeitern und Arbeiterinnen stehen heute nur noch 1000 in Arbeit. Die 20 ansässigen Firmen stellen mit Ausnahme von 3 Firmen, die Rauchtabak fabrizieren, ausschließlich Zigarren und Zigarillos her.

Die im Jahre 1839 unter der Firma Franz Vossen, seit 1846 unter der Firma Gebr. Vossen & Co, in Aachen gegründete Chemische fabrik stellt Bunt- und Mineralfarben her und hat sich im laufe der Zeit als älteste chemische Fabrik im Stadtbezirk Aachen zu einem weitverzweigten Betrieb entwickelt.

Die Glashüttenindustrie, die dank des Vorhandenseins der zur Fabrikation erforderlichen Rohstoffe in Stolberg und Herzogenrath ansässig ist, hat im Stadtbezirk  Aachen Spiegelmanufakturen ins leben gerufen, die sich mit der Spiegelbelgerei , Glasbiegerei, Glas- und Facettenschleiferei befassen. Die Glas- und Spiegelmanufaktur N. Kinon, Aachen wird auf der Ausstellung mit dem von ihr als Spezialität hergestellten, nicht splitternden Triplexglas vertreten sein.

Aus der geschilderten Entwicklung der verschiedenen Industrien auf der Industrie- und Gewerbeschau findet sich manche Erinnerung vergangener, ruhmvoller, aber auch sorgenreicher Zeit. Einen lückenlosen Überblick über die Entwicklung der Industrie auf der Ausstellung zu geben ist, da die wertvollsten Stücke den großen Stadtbränden zum Opfer gefallen sind, nicht möglich.

Das zusammengetragene Material gibt jedoch immerhin einen Begriff von dem gewerblichen Schaffen der vergangenen Zeit, und lässt im Vergleich zu den jetzigen Erzeugnissen der Industrie eindrucksvoll die eingetretenen Wandlungen erkennen.

In all den Jahrhunderten ihres Schaffens haben das Gewerbe und die Industrie des Aachener Bezirks stets den Grundsatz der Leistung von Qualitätsarbeit und Herstellung von Qualitätsware hochgehalten, ein Grundsatz, auf dem seine Stärke allzeit beruht hat und auch in Zukunft beruhen wird.